Landessportverband und IHK Schleswig-Holstein übergeben wissenschaftliche Studie zum „Wert des Sports in Schleswig-Holstein“ an Innenminister Grote
- 5 Mrd. Euro Umsatz des Sportsektors
- Rund 250 Mio. Euro Steuereinnahmen durch den Sport
- 45.000 sozialversicherungspflichtig Erwerbstätige im Sport
- Über 168.000 ehrenamtlich Engagierte in den Sportvereinen des Landes
- Über 43.200 durch Sportverbände Aus-, Fort- und Weitergebildete p.a.
Der Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV) und die IHK Schleswig-Holstein haben am 1. November 2017 gemeinsam eine wissenschaftliche Studie zum „Wert des Sports in Schleswig-Holstein“ vorgestellt und diese an den auch für den Sport zuständigen Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, Hans-Joachim Grote, übergeben. Der Auftrag zur Erstellung dieser Studie war im Sommer 2016 an Prof. Dr. Jens Flatau, Leiter Sportökonomie am Institut für Sportwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, vergeben worden.
Der Präsident des Landessportverbandes, Hans-Jakob Tiessen, hob den besonderen Wert der Studie hervor: „Mit der vorliegenden Studie haben der Landessportverband Schleswig-Holstein und die IHK Schleswig-Holstein Neuland betreten. Bundesweit erstmalig haben ein Landessportverband und die IHK-Organisation desselben Landes auf diese Weise zusammengearbeitet, um die herausragende gesellschaftliche Bedeutung des Sports auch unter ökonomischen Aspekten wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Bisher fehlten in einem derartigen Rahmen quantitative Belege für die erhebliche wirtschaftliche Relevanz des Sports.“
Bereits Ende 2014 habe der LSV mit dem gemeinsam mit UV Nord veranstalteten Forum „Sport und Wirtschaft“ in der Kieler Sparkassen-Arena den Anstoß für eine entsprechende Erweiterung der Sichtweise auf den Sport gegeben, so Tiessen. Im Beisein zahlreicher hochkarätiger Vertreter aus Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bezeichnete UV Nord- Präsident Uli Wachholtz hierbei den Sport als einen „volkswirtschaftlichen Giganten“. „Dieser Anspruch bildete den Startschuss, konkrete Zahlen, Daten und Fakten für Schleswig-Holstein zu ermitteln. Es lag fachlich nah, dass sich daraus eine enge Kooperation zwischen dem Landessportverband als Dachorganisation von mehr als 2.600 Sportvereinen in Schleswig-Holstein und der IHK Schleswig-Holstein, die mit den drei IHKs in Flensburg, Kiel und Lübeck rund 175.000 Mitgliedsunternehmen im Land vertritt, entwickelt“, erläuterte der LSV-Präsident.
Klaus-Hinrich Vater, Vize-Präsident der IHK Schleswig-Holstein, betonte: „Der Sport hat neben seiner gesellschaftlichen immer auch eine wirtschaftliche Bedeutung.
Die im Mai 2018 in Kiel stattfindenden Nationalen Spiele von Special Olympics Deutschland sind ein Paradebeispiel für das segensreiche Miteinander von Sport und Wirtschaft. Das gilt für die beachtlichen sportlichen Leistungen der geistig beeinträchtigten Aktiven selbst, es gilt aber auch für die Integrationsleistung und die doch so sehr gewünschte und hier vorbildlich gelebte Normalität im Umgang zwischen beeinträchtigten und nicht beeinträchtigten Menschen. Und es gilt für die unmittelbaren wirtschaftlichen Effekte, die der Besuch von rund 4.000 Aktiven, 1.700 Trainern und Betreuern und mehr als 2.000 Helfern in Hotellerie und Gastronomie, bei den Verkehrsträgern und zahlreichen weiteren Dienstleistern und Einzelhändlern auslöst – von der bundesweiten Berichterstattung ganz zu schweigen. All diese Facetten stärken die Attraktivität Schleswig-Holsteins als potenter und vielseitiger Standort mit Herz und Hirn. Für die IHK-Organisation gilt daher unverändert: Sportförderung ist nicht nur, aber immer auch Wirtschafts- und Standortförderung."
Prof. Dr. Jens Flatau erläuterte die Ergebnisse der Studie. Der Sport sei ökonomisch betrachtet eine Querschnittsbranche. Der durch die diversen Wirtschaftsbereiche, u.a. Sportartikelproduktion, Sportartikelhandel, Sportanlagenbau sowie Sportdienstleistungen generierte steuerbare Umsatz des Sportsektors beträgt 5,0 Milliarden Euro, was gut 2,8 Prozent des gesamten Umsatzes der schleswig-holsteinischen Privatwirtschaft entspricht. Da in der zugrunde liegenden Statistik weder der öffentliche Sektor noch das Handwerk und Freie Berufe mit enthalten sind, liegt der tatsächliche absolute Wert noch höher. Die Sportveranstaltungen im Land stellen sich als Umsatzmotor dar: Rund 118 Millionen Euro Folgekonsum entstehen im Umfeld von Sportevents. Dabei belaufen sich allein die geschätzten Umsätze der zehn größten Sportveranstaltungen in Schleswig-Holstein auf etwa 100 Millionen Euro. Auch für den Arbeitsmarkt hat der Sport eine besondere Bedeutung. Der Effekt der Querschnittsbranche Sport auf den Arbeitsmarkt mit rund 45.000 sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen bzw. 4,9 Prozent des Arbeitsmarktes ist dabei größer als beispielsweise derjenige der Querschnittsbranche „Maritime Wirtschaft““ (rund 42.000 bzw. 4,6 Prozent). Betrachtet man darüber hinaus den Gegenwert der ehrenamtlichen Arbeit im Sport, die von über 170.000 Menschen freiwillig geleistet wird, so ergibt sich laut Studie ein monetärer Wert des ehrenamtlichen Engagements (sogenannte „Arbeitsspenden“) in den Sportvereinen und -verbänden des Landes von rund 183 Millionen Euro.
Der Wert des Sports für das Land Schleswig-Holstein lässt sich auch in Form von sportbedingten Steuereinnahmen beziffern, da die in der Untersuchung ermittelten Umsätze, Einkommen etc. größtenteils steuerpflichtig sind. Diese Steuereinnahmen des Landes betragen ? gemäß der sogenannten weiten Vilnius-Definition des Sports ? annähernd 250 Millionen Euro, was 3,2 Prozent der gesamten Steuereinnahmen Schleswig-Holsteins entspricht. Sie entstammen zu großen Teilen den Betrieben und Mitarbeitern der Wirtschaftszweige Handel, Verarbeitendes Gewerbe und Gastgewerbe. Die sportbedingten Steuereinnahmen liegen damit höher als die der Tourismuswirtschaft des Landes, einer anderen Querschnittsbranche.
Die Sportverbände sind mit ihren vielen angebotenen Lehrgängen außerdem eine große Bildungsinstitution im Land. So wurden von ihnen im Jahr 2015 mehr als 43.200 Personen aus-, fort- oder weitergebildet. Die dort erworbenen Kennnisse und Kompetenzen lassen sich auch in außersportlichen Kontexten anwenden. Dazu zählen etwa die pädagogischen und psychologische Inhalte oder die in den Ausbildungsgängen vermittelten sozialen Kompetenzen. Hinzu kommen Bildungs- und Sozialisationseffekte durch die soziale Interaktion in Sportvereinen, wo Werte, Normen und Prinzipien unserer Gesellschaft vermittelt werden. Darüber hinaus hat der Sport Integrationspotenzial.
Zusammengefasst kommt die vorliegende Studie laut Prof. Flatau zu dem Ergebnis, dass der Sport in Schleswig-Holstein verschiedenste Wirtschaftsbereiche stimuliert, Arbeitsplätze generiert, Menschen zu „Arbeitsspenden“ motiviert, eine Institution fachlicher Bildung ist, die Gesundheit fördert, die Persönlichkeit stärkt und Integrationspotenzial besitzt. Der Sport in Schleswig-Holstein erweise sich damit als Motor für viele Lebensbereiche – besonders auch für die Wirtschaft, so der Wissenschaftler weiter.
LSV-Präsident Hans-Jakob Tiessen resümierte: „Die nunmehr vorliegenden belastbaren Zahlen belegen eindrucksvoll, dass der Sport in Schleswig-Holstein weit mehr als ein nettes Freizeitvergnügen ist. Neben seiner hohen gesellschaftlichen Gestaltungsfunktion repräsentiert er auch – und dies ist eine der Kernaussagen der Studie – einen bedeutenden und dynamisch wachsenden Wirtschaftszweig in unserem Land. Finanzielle Mittel für den Sport sind hochrentable Investitionen in die Gesellschaft und den Standort Schleswig-Holstein – und so sollten sie auch bewertet werden. Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Rendite übertrifft die anderer Ausgabenbereiche bei weitem.
Es ist nunmehr die Aufgabe, aufgrund dieser Erkenntnisse gemeinsam mit der Politik im Land ein verändertes und vor allem erweitertes Bewusstsein im Umgang mit dem Sport zu entwickeln. Dazu gehört insbesondere die Berücksichtigung sportlicher Belange in deutlich mehr Politikfeldern als bisher – neben der Bildungs- und Sozialpolitik gilt dies verstärkt auch für die unterschiedlichen Facetten der Wirtschaftspolitik des Landes. Auch der Wirtschaft selbst bietet sich die Chance, den Sport noch stärker als bisher in den Fokus unternehmerischer Entscheidungen einzubeziehen. Der Ausbau der bereits bestehenden Kontakte und Kooperationen stärkt dabei nicht nur das Wirken der Akteure im Sport. Es ist ein weiterer Baustein, um der wirtschaftlichen Entwicklung in Schleswig-Holstein zusätzliche Wachstumsimpulse zu geben und die Attraktivität unseres Landes weiter zu stärken.“
Innenminister Hans-Joachim Grote bedankte sich ausdrücklich bei den Verantwortlichen für die vorgelegte Studie: „Damit haben wir jetzt ein passgenaues Instrumentarium, das bei jeder zukünftigen Betrachtung des Sports relevant sein wird. Die Ergebnisse sind beeindruckend. Sport und Sportwirtschaft haben eine enorme Bedeutung bei uns. Deshalb freue ich mich, dass wir als Landesregierung mit einem Nachtragshaushalt in Höhe von 15 Millionen Euro für den Sport sofort nach Amtsantritt ein Zeichen gesetzt haben. Zusammen mit dem Sport und den Bürgerinnen und Bürgern werden wir jetzt eine Studie für einen `Zukunftsplan Sportland Schleswig-Holstein´ in Auftrag geben. Wir wollen wissen, wohin das Sportinteresse in den nächsten 20 Jahren geht.
Die Studie wird frühestens Anfang Dezember 2017 veröffentlicht.